Eröffnung:
Donnerstag, 21. Februar 2013, 19:00 Uhr
Donnerstag, 07. März 2013, 19:00 Uhr
Die Ausstellung Faden – Von der Komplexität des Unscheinbaren stellt die Frage nach der Verwendung des textilen Fadens im künstlerischen Werk. Wo zwischen feministischem Statement, Materialbezogenheit à la »the Medium is the message« und bedeutungsneutraler Verwendung steht das Material heute? Wie und warum wird der Faden benutzt? Aus einer Fülle von »Fadenarbeiten« der zeitgenössischen Kunstproduktion werden 13 Positionen aus den Bereichen Zeichnung, Fotografie, Objekt, Installation und Videoperformance gezeigt. Sie führen das Potential dieses unscheinbaren Materials vor Augen und reflektieren seine Spannweite zwischen Linie, Körper und Raum genauso wie zwischen Abstraktion und Figuration.
Der Bogen reicht von Fred Sandback als Altmeister minimalistischer Raumbildung aus gespanntem Faden bis zu Karin Sanders beinahe dadaeskem Objekt, wo Tackernadeln alle Heftfunktion des Fadens und die Autonomie der Linie konterkarieren. Nähmaschinenzeichnungen auf Tapeten und Stoffmuster, gestickte Embleme auf Hemden oder mit Slogans bestickte Hosen tragen stets über Bild und Inhalt hinaus die Aspekte von Konsum und Mode und damit den Keim von Gesellschaftskritik in sich (Gabriel Dawe, Reinhold Engberding, Carola Willbrand). Zwischen den Videoarbeiten von Annegret Soltau und Chiharu Shiota liegt mehr als eine Generation und die Differenz einer feministischen und einer poetischen Metapher aller Weiblichkeit: Dient dort der Faden als schmerzende, begrenzende Körperfessel, aus der es sich zu befreien gilt, spinnt hier die junge Japanerin ihre Schlafenden in einen mehrdeutigen Kokon aus Stille, Geborgenheit und Isolation.
Trotz aller Affinität zur Linie – und die Ausstellung beschränkt sich mit einer Ausnahme auf den textilen Faden – bleibt dieser stets Körper und eröffnet jeder noch so sehr auf Papier und Wand ausgerichteten »Zeichnung« Raum, sei es als poetische Abstraktion oder als über die ganze Wand flottierende Narration (Clare Churchhouse, Heike Weber). Wenn der Faden als bloße Kontur den Rahmen bezeichnet oder als rahmenlose Zeilenfolge das Feld absteckt, klingt auch ein Diskurs über den Bildbegriff, über Imagination und Sehen an (Katharina Hinsberg, Beat Zoderer). Als farbige Zeichnungen im Raum verspannen Garne und Seile im freien Spiel des Materials Decke und Boden, im Einklang mit den kleinen, dunklen Objekten der Lautsprecher und ihrem nur scheinbar beiläufigem Klang changiert das Objekt in der Balance von Linearität und Volumen und der akustischen Dimension (Annebarbe Kau). Vom Zauber des Fadenspiels schließlich handelt auf ganz andere Weise die in ihrer Sachlichkeit eindringliche Fotosequenz des Fingerspiels aus Kindertagen (Beate Terfloth).
So zeichnet die Ausstellung ein mögliches Panorama des Fadens in allen Gattungen – ein Panorama, das mit Ernst, Poesie und Ironie die spezifische Ästhetik, die gesellschaftliche Implikation, aber auch die Rezeption durch Publikum und Künstlerinnen und Künstler reflektiert und eins vor Augen führt: die Emanzipation des Fadens als künstlerisches Material. Die Ausstellung wurde von Annebarbe Kau und Dr. Ruth Diehl kuratiert.
Öffnungszeiten:
Dienstag – Freitag 14:00 h – 18:00 h
und nach Vereinbarung